Mediaspree

Bürgerentscheid „Spreeufer für alle!“ vom 13. Juli 2008 (8:00-18:00 Uhr)

Nachdem das Bezirksamt am 01. April 2008 festgestellt hat, dass das Bürgerbegehren „Spreeufer für alle!“ mit der erforderlichen Zahl der Unterstützungsunterschriften zustande gekommen ist, kam es am 13. Juli zum Bürgerentscheid.

Abstimmungsberechtigt waren die zur Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger. Abstimmen konnten damit alle deutschen Staatsangehörigen und BürgerInnen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, die das 16. Lebensjahr vollendet hatten.

 

Insgesamt gab es drei Abstimmungsfragen (Stimmzettelmuster):

Bürgerentscheid (A) der Initiative "Spreeufer für alle! - Mediaspree versenken"

Alternativvorschlag (B) der BVV (mit den Stimmen der Grünen und der Linkspartei beschlossen)

Frage (C) entscheidet darüber welcher Vorschlag gilt, falls (A) und (B) erfolgreich sind.

 

Ergebnis: Der Bürgerentscheid war erfolgreich.

Wahlbeteiligung: 34.934 (19,13 %) - Quorum erfüllt

Abstimmungfrage A: Ja 29.783 - Nein 4.540

Abstimmungfrage B: Ja 14.873 - Nein 18.545

Abstimmungfrage C: Ja 26.725 - Nein 7.657

 

Mediaspree umfasst den 3,7 Kilometer langen und 180 Hektar großen Raum beider Spreeufer zwischen der Jannowitzbrücke und der Elsenbrücke wo Berlin-Mitte, Friedrichshain, Kreuzberg und Alt-Treptow aufeinandertreffen. Die Spree verläuft in diesem Bereich relativ geradlinig auf einer Breite von etwa 150 Metern. Dazwischen befinden sich die Michaelbrücke, die Schillingbrücke und die Oberbaumbrücke. An den Ufern liegen charakteristische Industrie- und Gewerbebauten aus dem 19. und dem frühen 20. Jahrhundert, wie das Eierkühlhaus am Osthafen, sowie verschiedene Neubauten und die East Side Gallery am Nordufer.

Links:

Mediaspree versenken - Bürgerinitiative gegen Mediaspree

(A) Darlegung der Argumente der Initiatioren des Bürgerbegehrens

"Stimmen Sie für der Ersuchen an das Bezirksamt,

1. Im Rahmen der Bebauungsplanung zu regeln, dass

- Neubauten nicht näher als 50 Meter an die Spreeseite im Bezirk Friedrichshais-Kreuzberg heranreichen (von Michael- bis Elsenbrücke einschließlich Lohnmühleninsel) und

- keine neuen Hochhäuser zwischen Stadtbahn und Köpenicker/Schlesischer Straße gebaut werden können.

2. darauf hin zu wirken, dass

- im Bezirk statt einer Straßenbrücke nur ein Rad-/Fußgängersteg über die Spree gebaut wird."

Begründung zu Frage 1

"SPREEUFER FÜR ALLE" statt einem Uferwanderweg entlang riesiger Baublocks und Hochhäuser! Mediaspree abwählen!

Unter dem Label "Mediaspree" ist beabsichtigt, die Spreeufer mit Baublock bis 10 Meter an die Ufer zu bebauen. Entstehen sollen 11 neune Hochhäuser, teure Hotels, Lofts und Büros mit privatisiertem Spreeblick. Für die öffentliche Nutzung sind nur sogenannte "Spreefenster" oder "Pocketparks" geplant - kleine Grünflächen, die zwischen den Baublocks zum Spreeufer führen. Am Spreeufer selbst verbleibt der Öffentlichkeiten lediglich ein "Uferwanderweg". Mit diesem Vorhaben wird die historische Chance vertan, Flussuferzonen als wichtige Naher-holungsräume zu entwickeln. Denn Berlin verfügt im Vergleich zu anderen Städten über ein-geringen Freiflächenanteil an den Flussufern. Für die Ansiedlung von Unternehmen stehen im Bezirk genügend andere Flächen zur Verfügung.

• Ein Mindestabstand für Neubauten zu den Spreeufern von 50 Metern ist ein adäquates Maß für eine öffentliche Nutzung der Flussufer mit Grün- und Kulturflächen. Beste-hende Gebäude sollen in ein Freiflächenkonzept integriert und durch Pavillons mit öffentlichen Nutzungen ergänzt werden können. Die verbleibenden Neubauflächen müs-sen so parzelliert werden, dass sich viele NutzerInnen engagieren können und nicht nur wenige Großinvestoren. Vorschläge dazu sollen Ideenwerkstätten erarbeiten. Be-sondere Beachtung soll die kleingewerblich Nutzung sowie die Nutzung für alternative/nicht kommerzielle kulturelle Aktivitäten erhalten. Und auch die Privatisierung öffentlicher Liegenschaften muss aufhören.

• Die bestehenden Bebauungspläne sollen auch bezüglich ihrer Baumassen neu diskutiert werden. Die Hochhausplanungen (über eine Traufhöhe von 22 Metern) müssen aufgegeben werden. Die künstliche Initiierung einer "Boomtown" passt nicht in der Bezirk und ist auch aus umwelt- und sozialpolitischen Gründen abzulehnen.

Begründung zu Frage 2

• Die Brommybrücke wird als Steg gebaut, aber nur 200 Meter weiter ist jetzt eine zusätzliche Straßenbrücke (nur für Bus/Tram) auf der höher der Manteuffelstraße geplant. Es lieg nahe, dass sie später für den Autoverkehr geöffnet und diesen in der Wohngebieten dras-tisch erhöhen würde. Zudem zerteilt die Brücke die möglichen Grünflächen an den Spreeufern. Aus diesen Gründen soll auf die geplante zusätzliche Brücke verzichtet werden. Der öffentliche Nahverkehr kann über die bestehenden Brücken weiterentwickelt werden. Unsere Ideenwerkstadt Osthafen am 30. März 2008 ergab den Vorschlag eines weiteren Fußgängersteges zwischen Lohmühleninsel und Osthafen.

Kostenschätzung des Bezirksamts:

Aus der Verwirklichung des mit dem Bürgerentscheid (A) verfolgten Zieles sind für den Bezirkshaushalt Kosten in Höhe von 164,7 Mio. € zu erwarten, die sich wie folge zusammensetzen: Vom Ausschluss der Neubebauung wäre eine Baulandfläche von ca. 224.000 qm betroffen. Ausgehend von den Bodenrichtwerten zwischen 90€ und 1.200€ pro qm können dem Land Berlin bei einer Umsetzung des Anliegens Kosten durch die Entschädigung der Eigentümer und ggf. Übernahme der Grundstücke von ca. 122,4 Mio. € entstehen. Der Ausschluss von Neuen Hochhäusern mit einer Reduzierung der Gebäudehöhe auf 22 Meter führt zu einer Herabzonung der festgesetzten Bebauungspläne V-3 und V-83. Betroffen ist eine Baufläche von ca. 146.000 qm mit einer durchschnittlichen Minderung der GFZ (Geschossflächenzahl) von ca. 5,0 auf 3,4. Nach den Bodenrichtwerten ergibt sich bei einer Umsetzung dieses Anliegens ei-ne entschädigungspflichtige Bodenwertminderung von ca. 31 Mio. €. Zudem kann es zu einem Anspruch der Investoren auf eine ganz oder teilweise Rückabwicklung der geschlossenen städtebaulichen Verträge "Ostgüterbahnhof", "Postbahnhof", "Columbushaus" und "BSR Holzmarkstraße" führen. Dabei können Rückzahlungsansprüche von ca. 11.3 Mio. € entstehen.
Aufgrund des frühen Planungsstadiums entstehen bei der Brücke (nur ein Rad-/Fußgängersteg) keine zusätzlichen Kosten.

 


(B) Alternativantrag der BVV (Beschlossen mit den Stimmen der Linkspartei und der Grünen)

"Stimmen Sie für das Ersuchen an das Bezirksamt, bei der weiteren Gestaltung des Spreeraums im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg zwischen Michael- und Elsenbrücke folgende Planungen und Grundsätze umzusetzen:

1. Eine öffentliche, durchgängige Uferpromenade für Alle auf beiden Seiten der Spree mit zusätzlichen Uferparks.

2. Keine Hochhäuser auf der Kreuzberger Spreeseite und Verzicht auf das vorgesehene Hochhaus auf dem Friedrichshainer Osthafengelände.

3. Kein Bau einer weiteren Autobrücke (nur für den öffentlichen Personennahverkehr, Fußgänger und Radfahrer) über die Spree.

4. Forderungen des Bürgerbegehrens (Abstand von Neubauten 50m vom Ufer und keine Hochhäuser) soll das Bezirksamt nur insoweit verfolgen, wie dadurch keine Entschädigungen aus dem Bezirkshaushalt an Eigentümer zu leisten sind.

Begründung:

Spreeufer für Alle – aber ohne Millionen-Entschädigungen

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Friedrichshain-Kreuzberg will ein Spreeufer für Alle – aber ohne Entschädigungen in Millionenhöhe an Grundstückseigentümer und private Investoren. Ein Spreeufer für Alle mit Parks und anderen Freiflächen – dieses Ziel verfolgt die BVV seit vielen Jahren. Schon jetzt sehen die Planungen eine durchgängige Uferpromenade auf beiden Seiten der Spree für die Öffentlichkeit vor. Dazu gehören Freiräume mit viel Grün. Am Spreeufer entstehen mit dem geplanten „East-Side-Park“ und dem „Park an der Spree“ zwei große Grünflächen zwischen Oberbaum- und Schillingbrücke. All das konnte in jahrelangem und zähem Ringen mit den Eigentümern der Spreegrundstücke durchgesetzt werden. An den Planungen wurden die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig und weit über das gewöhnliche Maß hinaus beteiligt.
 
Mit diesen Planungen hat der Bezirk schon vor Jahren große Schritte in Richtung eines Spreeufers für Alle unternommen. Der Grundgedanke des Bürgerbegehrens findet deshalb auch in der BVV viel Sympathie. Aber die vollständige Umsetzung der Forderungen würde den Bezirkshaushalt mit vielen Millionen Euro belasten. Denn die Spreegrundstücke waren und sind nicht Eigentum des Bezirks. Bei Änderungen der bestehenden Planungen durch die BVV fallen Entschädigungen an die Eigentümer an – so sieht es die Gesetzeslage vor. Nach der begründeten Kostenschätzung des Bezirksamts (diesen Unterlagen beigefügt) kostet die Umsetzung aller Forderungen des Bürgerbegehrens den Bezirk 162 Millionen Euro.
 
Das ist etwa dreimal so viel, wie der Bezirk jährlich ausgeben kann: Für seine Kitas, Jugend- und Kultureinrichtungen, die Obdachlosenhilfe, Gesundheitsdienste und weitere dringend notwendige soziale Angebote. Davon finanziert der Bezirk auch andere wichtige bürgernahe Dienstleistungen, die Reinigung und Sanierung von Schulen, die Pflege der Grünflächen und vieles mehr. Entschädigungszahlungen in dieser Größenordnung würden den Bezirk deshalb finanziell ruinieren. Auf der einen Seite Millionen-Entschädigungen für Grundstückseigentümer, auf der anderen Seite harte Einschnitte und Kürzungen im Bezirkshaushalt zu Lasten der Bevölkerung in Friedrichshain-Kreuzberg: Das ist aus Sicht der BVV weder haushaltspolitisch vertretbar noch sozial gerecht.
 
Dennoch hat die BVV in ernsthaften Verhandlungen mit den InitiatorInnen des Bürgerbegehrens angeboten, deren Ziele überall dort zu übernehmen, wo Veränderungen der Planungen ohne Entschädigungen machbar sind: So wird der Bezirk das geplante Hochhaus im Friedrichshainer Osthafen verhindern. Bauflächen im Bereich Lohmühleninsel, Köpenicker Straße und Mühlenstraße sollen zu weiteren grünen Parks werden.
 
Die BVV beabsichtigt, mit den Eigentümern und Investoren grundstücksbezogen über die Schaffung zusätzlicher öffentlicher Freiflächen, den Erhalt von Zwischennutzungen und die Verringerung der Baudichte weiter zu verhandeln. Dafür bildet die BVV einen neuen Ausschuss, der gemeinsam mit den InitiatorInnen des Bürgerbegehrens, Zwischennutzern und dem Bezirksamt die zukünftige Spreeraumgestaltung berät.

Stimmen Sie für ein Spreeufer für Alle – aber ohne
Millionen-Entschädigungen!"

Kostenschätzung des Bezirksamts:

Aus der Verwirklichung des mit dem Bürgerentscheid (B) verfolgten Zieles ergeben sich für den Bezirkshaushalt keine zusätzlichen Kosten.

 


Stimmzettelmuster

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Karte - Map